Jugendrichter gegen Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten

Die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten kostet Polizei und Justiz viel Energie und Geld. Dass die Prohibition gescheitert ist, erkennen auch immer mehr Richter.

Konkret geht es um einen Fall vor dem Neubrandenburger Amtsgericht, in dem die Staatsanwaltschaft einem jungen Mann Besitz illegaler Betäubungsmittel vorwirft. Bei einer Durchsuchung fanden Beamte bei dem 19-jährigen 0,1 g Amphetamin und 15 g Haschisch. Der Angeklagte kam mit einer Verwarnung davon und muss 500 Euro an einen Verein zahlen, der für die Therapie Drogenabhängiger zuständig ist. Für den vorsitzenden Richter Jörg Landes steht fest: Die Cannabis-Prohibition ist gescheitert.

Nicht nur Richter Müller fordert ein Ende des Verbots

In etwa jeder fünften Verhandlung muss Jugendrichter Jörg Landes Urteile wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz fällen. „Viel zu viele“, erklärt der 62-jährige Jurist gegenüber dem Nordkurier. Nach mehr als drei Jahrzehnten auf dem Richterstuhl sei er zu der Erkenntnis gekommen, den Genuss von Haschisch und Marihuana nicht mehr zu dämonisieren.

Landes fordert ein Ende der Ungerechtigkeit, mit der die Gesellschaft über unterschiedliche Rauschmittel urteile. „Wer zehn Stiegen Schnaps im Kofferraum durch die Gegend fährt, bleibt unbehelligt, aber wer einen Joint besitzt, gegen den wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das kann man nicht mehr verstehen“. Zudem setzt er sich für die Legalisierung von Cannabis ein, durch die ein großer Teil der Beschaffungskriminalität beendet werden könne.

Mit seiner Forderung ist Landes nicht allein. Auch Jugendrichter Andreas Müller fordert seit geraumer Zeit ein Ende der aktuellen Drogenpolitik. Vor Kurzem wurde ein Befangenheitsantrag gegen den Jugendrichter abgelehnt.

Das größere Problem ist Alkohol

Im vergangenen Jahr wurden allein im Landkreis der Seenplatte 1371 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ausgestellt, 517 davon in der Kleinstadt Neubrandenburg. Die Dunkelziffer sei immens und mit permanenter Strafverfolgung ließe sich das Problem nicht lösen, so Landes. „Die Zahl der Prozesse wegen dieser Delikte wird ja nicht weniger.“

Dabei sollte der massive Alkoholkonsum als viel größeres gesellschaftliches Problem angesehen werden. Dem Bericht im Nordkurier zufolge geschieht etwa jede dritte Gewalttat unter dem Einfluss von zu viel Alkohol, oft mit schlimmen Folgen für die Opfer. Alkohol ist in der Gesellschaft fest verankert und in viele Fällen Teil der Identität. Nicht auszudenken, welche Reaktionen die Forderung nach einem Verbot der Volksdroge auslösen würde.

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